Geschichte, Leitbild und Sammlungen

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Vue du Musée Jenisch Vevey. Photo Julien Gremaud

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Das Musée Jenisch Vevey, das allen offensteht, ist ein Museum für Kunst – Zeichnung, Druckgrafik und Malerei – von überschaubarer Grösse, das ein 600-jähriges Kunstschaffen bewahrt und zur Geltung bringt sowie zu bereichernden partizipativen Erfahrungen einlädt. Von einer Frau gegründet und heute von Frauen geleitet, präsentiert es eine reichhaltige Dauerausstellung (Bocion, Courbet, Corot, Hodler, Vallotton, Picasso, Morandi usw.), einen eigens für die Druckgrafik bestimmten Raum – den Pavillon de l’estampe –, die Erinnerung an das Atelier von Kokoschka, Ausstellungen, die man nirgendwo anders sehen kann, sowie eine innovative Kunstvermittlungstätigkeit. Als dynamisches und inklusives Museum versteht es, den Besuchenden eine authentische, lebendige Begegnung mit den Werken zu ermöglichen, und erweist sich als privilegierter Ort des Vergnügens, der Emotionen, des Wissens und der Inspiration.

 

Als zweitgrösstes Kunstmuseum des Kantons Waadt beherbergt das Musée Jenisch Vevey nicht nur eine aussergewöhnliche Sammlung von Arbeiten auf Papier, sondern auch vor allem das Cabinet cantonal des estampes, das über 40’000 Werke von der Renaissance bis zur Gegenwart umfasst und zu den fünf angesehensten Grafiksammlungen der Schweiz zählt. Zudem bewahrt es den weltweit grössten Bestand an Werken von Oskar Kokoschka sowie eine Sammlung von über 11’000 Zeichnungen der bedeutendsten Kunstschaffenden der Kunstgeschichte.

 

Von der Renaissance bis zur Gegenwart

Die Gründung des Museums ist einer Schenkung zu verdanken: Fanny Jenisch (1801-1881), die Witwe eines Hamburger Senators, wollte damit ihre Dankbarkeit gegenüber der Stadt zum Ausdruck bringen, in der sie mit ihrem Mann glückliche Zeiten verbracht hatte. Das im März 1897 eröffnete Museum wurde von den Architekten Maillard und Convert entworfen und zeichnet sich durch seine klassizistische Architektur aus. Ursprünglich enzyklopädisch ausgerichtet, wandte es sich Ende der 1980er-Jahre ausschliesslich der Kunst zu.

 

Als historische Institution sammelt das Musée Jenisch Vevey Werke von der Renaissance bis zur Gegenwart. Seine Aufgabe ist die Pflege, Erforschung und Aufwertung seiner Sammlungen. Es sucht seinem Publikum qualitativ wertvolle, attraktive und innovative Dienstleistungen von hohem wissenschaftlichem Niveau anzubieten. Zudem möchte es einen nützlichen Beitrag zum städtischen Leben, zur Entwicklung des sozialen Zusammenhalts und zur Weiterbildung der Bürger:innen leisten, indem es Orientierungshilfen und einen Raum für Dialog bietet sowie die kulturelle und künstlerische Innovation fördert. Dank seiner Kompetenzen und der von ihm bewahrten Sammlungen vermag das Musée Jenisch Vevey über seine unmittelbare Umgebung hinaus zu wirken und zählt zu den einflussreichen internationalen Institutionen im Bereich der Arbeiten auf Papier.

Ein Museum für Werken auf Papier

In subtilem Dialog zwischen alter und zeitgenössischer Kunst verfolgt das Musée Jenisch Vevey gegenwärtig das Ziel, mit seiner Sammlung von 11’000 Zeichnungen und 40’000 Druckgrafiken die Arbeiten auf Papier zur Geltung zu bringen.

Cabinet cantonal des estampes
Das Cabinet cantonal des estampes (Kantonales Druckgrafik-Kabinett) entsteht in mehreren Etappen. Eine wichtige Rolle spielen insbesondere Künstler und bedeutende Sammler, aber auch die Eröffnung des der Fotografie gewidmeten und von Florian Rodari geleiteten Musée de l’Élysée in Lausanne im Jahr 1980. Nach der Gründung des Cabinet cantonal des estampes durch den Staatsrat im Jahr 1986 wird es 1987 dank Bernard Blatter, dem damaligen Direktor, der von den Präsidenten der Fondation William Cuendet & Atelier de Saint-Prex unterstützt wird, in das Musée Jenisch verlegt und am 11. April 1989 eröffnet. Mit mehr als 35 000 Werken von der Renaissance bis zur Gegenwart vereint das Cabinet cantonal des estampes drei öffentliche und drei von zwei Stiftungen und einem Verein deponierte Sammlungen: die Druckgrafik-Sammlungen des Kantons Waadt und der Stadt Vevey, den Druckgrafik-Bestand von Professor Decker, die Fondation William Cuendet & Atelier de Saint-Prex, die Fondation Pierre Aubert und die Sammlung des Musée Alexis Forel. Sie alle tragen durch ihre Grosszügigkeit und ihr Vertrauen zur Aufwertung der Druckkunst in unserem Museum bei, das heute neben Genf, Basel und Zürich zu den fünf wichtigsten Druckgrafik-Kabinetten der Schweiz zählt. In 30 Jahren wurden im Musée Jenisch nicht weniger als 100 Ausstellungen zur Druckgrafik organisiert.


Der Pavillon de l’Estampe (Pavillon de Druckgrafik), ein zentraler Raum im ersten Stock, bietet drei Wechselausstellungen pro Jahr mit einer breiten Werkauswahl an: alte und zeitgenössische Druckgrafiken, Sonderthemen, monografische Ausstellungen, ausgewählte Arbeiten aus den Beständen usw.

Sammlungen

Seit seiner Eröffnung im Jahr 1897 kann das Museum dank der Unterstützung durch sein Publikum seine Sammlungen erweitern. Das allererste Werk – Inventar-Nr. 1 –, eine Ansicht des Genfersees von François Bocion, wird dank einer bei den Einwohner*innen von Vevey durchgeführten öffentlichen Subskription erworben.

In der Folge erhält das Museum grosszügige Schenkungen und Legate, zum Beispiel Gemälde des 1877 in La Tour-de-Peilz gestorbenen Künstlers Gustave Courbet, die seine Schwester Juliette 1914 stiftet, Charles Gleyre, Léopold Robert, Eugène Burnand und Charles Giron. Die Kunstsammlungen umfassen fünf Jahrhunderte Schaffensgeschichte und vereinen Schweizer und internationale Künstler.


Die Sammlungen des Musée Jenisch umfassen Dauerleihgaben von Künstlerbeständen (Lélo Fiaux, Wilhelm Gimmi, Jacques Pajak) und grössere Schenkungen. Der Zeichnungsbestand wird unter anderem dank privater Initiative um bedeutende Stücke erweitert. 1968 kommt das umfangreiche Legat René de Cérenville mit mehr als 150 alten Zeichnungen hinzu, darunter mehrere seltene Blätter berühmter italienischer Künstler der Renaissance. 2007 vermacht ein Sammler dem Museum ein Ensemble von 700 französischen und italienischen Zeichnungen des 18. Jahrhunderts, ein Bestand, der weiterhin ständig wächst. 2014 schenkt Rudolf Schindler der Institution ein aussergewöhnliches Ensemble von 632 Zeichnungen Ferdinand Hodlers. 2019 schenkt die Fondation des Amis du Musée Jenisch ihre gesamte Sammlung dem Museum.


Dauerleihgabe

Collection d’art Nestlé

Collection de la Confédération OFC

Fondation pour les Arts et les Lettres

Fondation Lélo Fiaux
Fondation Wilhelm Gimmi

Fondation Gottfried Keller

Fondation Oskar Kokoschka
Fondation Jacques Pajak

Fondation de la Société des Beaux-Arts de Vevey

 

Das Musée Jenisch Vevey verfolgt eine Ankaufspolitik, die es ihm ermöglicht, über Projekte für Schenkungen, Legate, Ankäufe oder Depots zu entscheiden. Alle Anfragen, was Erwerbungen betrifft, können an das Konservierungsteam des Musée Jenisch Vevey gerichtet werden.

Provenienzforschung

Von Januar 2021 bis Ende November 2022 führte das Musée Jenisch Vevey mit Unterstützung des Bundesamts für Kultur (BAK) ein Forschungsprojekt über die Herkunft von 207 Werken aus seinen öffentlichen Sammlungen durch. In diesem Kontext wurden 159 Arbeiten auf Papier – Zeichnungen und Druckgrafiken –, 45 Gemälde und drei Skulpturen einer eingehenden Untersuchung unterzogen.

Historische Highlights